Die Impfungen im Märkischen Kreis zeigen Wirkung. Die Zahl der Corona-Infizierten in den Altenpflegeeinrichtungen nimmt deutlich ab und der Schutz der vulnerablen Gruppen macht Fortschritte. Der Krisenstab meint: Maßnahmen müssen verhältnismäßig bleiben, trotz weiter ansteigender Inzidenzzahlen im Kreis.
Der Krisenstab des Märkischen Kreises sieht deutliche Fortschritte beim Schutz der älteren Bevölkerungsgruppen. „Die Impfungen zeigen Wirkung“, sagt Landrat Marco Voge (Foto) und führt dafür unter anderem die deutliche Verringerung der Corona-Infizierten in den Altenpflegeeinrichtungen des Kreises an. Für seine Entscheidungen berücksichtigt der Krisenstab nicht allein die aktuelle Inzidenzzahl (138,7, Stand: Freitag, 12. März), sondern weitere Faktoren darüber hinaus. Dabei arbeitet der Kreis stets auf der Basis der bestehenden Erlasslage. „Uns ist es wichtig, transparent zu informieren und das Vorgehen zu erklären. Bei den weiteren Corona-Maßnahmen ist die Akzeptanz in der Bevölkerung ebenso wichtig, wie eine verantwortungsvolle Perspektive zurück zur Normalität. Das Coronavirus ist der Gegner, den wir gemeinsam bekämpfen müssen. Dazu kann jeder einen Beitrag leisten“, betont Voge.
• Entscheidungsgrundlage
Der Krisenstab des Märkischen Kreises hat sich bewusst dafür entschieden, die landesweiten vorsichtigen und überlegten Öffnungsschritte mit zu gehen. Diese basieren auf der Grundlage der Coronaschutzverordnung für Nordrhein-Westfalen und berücksichtigen den landesweiten 7‑Tage-Inzidenzwert. Kreise und kreisfreie Städte mit einem Wert von über 100 können in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zusätzliche Schutzmaßnahmen prüfen und anordnen. Verpflichtet sind sie dazu nicht. Für den Krisenstab ist diese Situation nicht neu. Seit vielen Monaten besteht die Prüfpflicht ab einer Inzidenz von 50 – in der neuen Verordnung besteht sie ab einer Inzidenz von 100. „Mit den Experten im Krisenstab wird sorgfältig analysiert, abgewogen und entschieden. Wir haben uns natürlich mit dem Gesundheitsministerium fachlich beraten“, sagt Landrat Marco Voge. Empfehlungen und Vorgaben vom Land gibt es bislang nicht.
• Gründe für die aktuelle 7‑Tage-Inzidenz
Im Märkischen Kreis liegt die 7‑Tage-Inzidenz am Freitag, 12. März, bei 138,7. Der Krisenstab kennt einige Gründe für die auf Landesebene vergleichsweise hohe Inzidenzzahl. „Besonders viele Ansteckungen registrieren wir im privaten Bereich. Zudem gibt es einzelne lokale Ausbrüche in Unternehmen oder Krankenhäusern, die sich dann massiv auf die Gesamtinzidenzzahl auswirken“, berichtet der Leiter des Krisenstabs, Horst Peter Hohage. Volker Schmidt aus dem Krisenstabsteam und Fachbereichsleiter Gesundheit betont darüber hinaus, „dass in unserem Kreis umfangreich getestet wird und unsere intensive Nachverfolgung zur Ermittlung vieler weiterer Infektionen führt“. Auch die ansteckendere, britische Virusmutation B.1.1.7 spielt eine gewichtige Rolle. Diese Variante ist im Märkischen Kreis vorherrschend und wird mittlerweile in mehr als 60 Prozent aller Fälle nachgewiesen.
• Dringender Appell
Weil die Zahl der Ansteckungen im privaten Bereich besorgniserregend hoch sind, appelliert der Krisenstab des Märkischen Kreises eindringlich an die Bürgerinnen und Bürger: „Verhalten Sie sich umsichtig, vorsichtig und diszipliniert – gerade weil die ansteckendere, britische Mutation in unserem Kreis vorherrschend ist. Halten Sie weiterhin konsequent die AHAL (Abstand-Händehygiene-Alltagsmaske-Lüften)-Regeln ein. Das ist elementar, um auf Dauer Einschränkungen zu verhindern. Die Kontaktregelungen, die im öffentlichen Raum gelten, sind auch für den privaten Bereich absolut sinnvoll.“
• Akribische Ermittlungsarbeit
Der Märkische Kreis testet sehr umfangreich und setzt auf konsequente Nachverfolgung. „Das bedeutet, dass wir bei Infizierten und Kontaktpersonen mit hohem personellen Einsatz akribisch nach ihrem beruflichen Umfeld, privaten Kontakten und familiären Zusammenhängen forschen. Dabei wird natürlich auch erfasst, ob sie in Schulen, Kitas, Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern arbeiten. Viele Infektionen werden erst durch unsere intensive Nachverfolgung ermittelt“, betont Krisenstabsleiter Volker Schmidt. Hinzu kommt die Schnellteststrategie, wonach sich jede Bürgerin und jeder Bürger einmal pro Woche kostenlos testen lassen kann. „Wir als Kreis werden eine koordinierende Rolle übernehmen und ab Montag, 15. März, an unseren Abstrichstellen in Lüdenscheid und Iserlohn auch selbst Tests anbieten. Dazu kommen Apotheken und Arztpraxen oder andere Einrichtungen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in unserem Kreis flächendeckend Testmöglichkeiten haben werden. Dann müssen die Menschen nicht weit fahren.“
• Argumente
Der Märkische Kreis wird immer öfter mit der Frage konfrontiert, warum er aufgrund der hohen Inzidenzzahl nicht die sogenannte „Notbremse“ zieht. Dieser Begriff ist neu in der Verordnung des Landes und beinhaltet, dass Erleichterungen und Öffnungsschritte wieder aufgehoben würden. Die Verordnung sieht bereits seit vielen Monaten eine Prüfpflicht vor – zunächst ab einer Inzidenz von 50, aktuell ab einer Inzidenz von 100. „Wir sind uns unserer gemeinsamen Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger im Märkischen Kreis bewusst. Gerade deshalb müssen die Entscheidungen besonnen und verlässlich getroffen werden“, erklärt Kreiskämmerer und Krisenstabsleiter Kai Elsweier. Der Krisenstab hat sich bislang bewusst gegen diese „Notbremse“ entschieden – und führt dafür eine Reihe von Argumenten an:
- Die Impfungen zeigen Wirkung. Der Schutz der vulnerablen Gruppen macht große Fortschritte. Im Kreis sind die Impfungen in den stationären Altenpflegeeinrichtungen abgeschlossen. Waren am 23. Dezember 2020 noch 269 Bewohner in Pflegeeinrichtungen mit dem Coronavirus infiziert, waren es am Freitag nur 28.
- Der Kreis rechnet damit, dass mit zunehmender Impfstoffmenge der Schutz der vulnerablen Gruppen deutlich zunehmen wird. Deshalb sei neben dem Impfzentrum in Lüdenscheid auch die ab dem 1. April in Betrieb gehende Impfstelle in Iserlohn sehr wichtig. Mit dieser Impfstelle wird für die Menschen im nördlichen Kreisgebiet ein niederschwelliges Angebot sichergestellt. Kurz- bis mittelfristig wünscht sich der Krisenstab einen Übergang in die Arztpraxen.
- Die öffentliche Debatte fokussiert sich oftmals allein auf den Inzidenzwert. Dieser ist aber nur ein Parameter bei der Beurteilung der Gesamtsituation. Der Krisenstab berücksichtigt darüber hinaus viele wichtige weitere Faktoren, darunter die rückläufige Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19, die Situation in den Krankenhäusern, auf den Intensivstationen und vieles mehr. Hierbei weist der Kreis darauf hin, dass der statistische Inzidenzwert bei Städten und Gemeinden mit einer niedrigen Einwohnerzahl hochgerechnet werden muss und daher eine korrekte Interpretation und Einordnung der Zahlen besonders wichtig ist.
- Die Inzidenz war ursprünglich darin begründet, dass die Kapazitäten der Krankenhäuser nicht überlastet und die Nachverfolgung sichergestellt werden kann. Im Märkischen Kreis haben die vergangenen Wochen und Monate belegt, dass die Nachverfolgung bei deutlich höheren Inzidenz-Werten gelingt.
- Der Krisenstab des Kreises findet eine vorsichtige und überlegte Öffnungsstrategie sowie eine Perspektive zurück zur Normalität sehr wichtig – in Hinblick auf die sozialen und psychischen Folgen, aber auch, um der Wirtschaft Perspektiven zu geben und Existenzen zu sichern.
- Den Krisenstab des Märkischen Kreises und das Land NRW beschäftigen zudem die möglichen Folgen einer sogenannten „Notbremse“. Gemeinsames Ziel ist es, sowohl ineffektive Alleingänge als auch Mobilitätsströme in andere Kreise zu vermeiden. Denn diese Ströme könnten zur Ausbreitung des Infektionsgeschehens führen.
- Ein ständiger Wechsel zwischen Öffnungsschritten und erneuten Schließungen führt nach Ansicht des Krisenstabs zu mehr Verunsicherung als Klarheit.
• Fazit
Seit Beginn der Pandemie waren bereits mehrere Kreise landesweiter Spitzenreiter in Bezug auf den Inzidenzwert. Das Infektionsgeschehen ist dynamisch und ändert sich lokal stetig. Ein Wettbewerb ist deshalb nicht sinnvoll, sondern die gemeinsame Bekämpfung der Pandemie sollte das Ziel sein. Der Austausch mit anderen Kreisen und dem Land findet kontinuierlich statt.
Seit Beginn der Pandemie war das oberste Ziel, eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu verhindern, um Risikogruppen zu schützen. Vor dem Hintergrund der aufgeführten Argumente und den fortschreitenden Impfungen ist die Situation eine andere, als beispielsweise im Dezember des vergangenen Jahres. Vor dem Hintergrund der Fakten und verschiedenen Faktoren ist verantwortungsvolles und angemessenes Handeln weiterhin wichtig. „Deshalb ist eine sorgfältige Abwägung richtig. Bei Einschränkungen beschneidet man auch immer grundliegende Rechte der Menschen. Wir werden die Situation im Krisenstab weiter sehr genau analysieren. Unsere Entscheidungen resultieren aus einer täglichen und gründlichen Prüfung. Die Situation und die Erlasslage sind dabei sehr dynamisch und erfordern eine immer neue Bewertung – im Notfall auch schärfere Maßnahmen“, sagt Landrat Marco Voge. pmk