Am 10. Dezember hat der Regionalrat der Bezirksregierung Arnsberg über den Vorschlag des Regionalplans des Märkischen Kreises entschieden. Es wurde ein vorläufiger Plan beschlossen, der die Flächennutzung im Märkischen Kreis für die nächsten rund 40 Jahre festlegen soll. In diesem Plan enthalten ist auch der Bereich des Hönnetals. Dabei besonders in den Fokus gerückt ist der Kalkabbau bei Eisborn und Beckum.
Zwar wurde „Das Beil“ bei Eisborn vorerst aus dem Plan gestrichen, als Ersatz hat der Regionalrat jedoch andere Fläche als Abbaugebiet freigegeben.
Zu dieser Entscheidung nimmt der Naturhistorische Verein Hönnetal e. V. Stellung:
„Der Regierungsbezirk Arnsberg plant in seinem kürzlich vorgelegten Entwurf zum Regionalplan 2020, die Kalksteinbrüche im Hönnetal auszuweiten, um die Versorgung zu sichern. Das am Rand des Märkischen Kreises liegende Hönnetal dient nicht nur der Rohstoffversorgung. Es ist in erster Linie ein herausragendes Beispiel einer Kulturlandschaft in Westfalen, deren historische Bezüge über Jahrzehntausende zurückreichen (vgl. „100 Jahre Schutzaktion – Die Rettung der Schönheit des Hönnetals, Hrsg. NHV 2020, sowie „Kulturlandschaftlicher Beitrag zur Regionalplanung Regierungsbezirk Arnsberg, Hrsg. LWL 2016).
Der Entwurf des Regionalplans enthält viele weitsichtige Ausführungen, insbesondere zur Jahrhundertaufgabe des Klimawandels. Die wohlformulierten, aber relativ unverbindlichen Ausführungen der „Leitlinien“ (hier insbesondere zum Thema „Lebenswerte Region“ und „Natur- und Landschaftsschutz / Sicherung natürlicher Lebensgrundlagen“) verfangen jedoch nicht, wenn sie nicht in konkrete Praxis übersetzt werden.
Der umfangreiche Text (bei der Bezirksregierung Arnsberg abrufbar) ist nun in der Phase der Beteiligung der
Träger öffentlicher Belange und der interessierten Öffentlichkeit, die durch Pressemitteilung informiert
wurde (Bürgerbeteiligung). Im daran anschließenden Erörterungsverfahren (Phase 3) werden die Argumente
ausgetauscht mit dem Ziel, Kompromisse für Meinungsdifferenzen zu finden. Ein Ausgleich der Meinungen
ist gemäß §19 LPIG NRW anzustreben; über nicht ausgeräumte Bedenken entscheidet der Regionalrat. Wir
vom Naturhistorischen Verein Hönnetal e.V. wollen unsere Standpunkte deshalb frühzeitig darlegen. Begründung folgt.
Wir wollen die vorgesehene Offenlegung und Bürgerbeteiligung konstruktiv angehen, unsere Erwartungen sind aber realistisch. Der kürzlich von der lokalen Presse berichtete Auftritt des NRW-Arbeitsministers der CDU in Oberrödinghausen hat anschaulich gezeigt, „wohin die Reise geht“. Der Regierungsbezirk Arnsberg setzt der Zerstörung des Hönnetals, anders als vor 100 Jahren, nichts entgegen. Er treibt sie vielmehr aktiv voran, im Schulterschluss mit dem Land NRW.
Planung nach dem aktuellen Stand
Der Steinbruch Lhoist (früher Rheinkalk) soll durch das Reservegebiet „RG 8.2.1“ nach Süden in Richtung Horst erweitert werden (blaue Fläche), der Steinbruch Beckum (heute Lhoist, früher Busche) durch „RG 8.2.2“ in das Beckumer Feld nach Norden (ebenfalls blau). Damit soll der Bedarf der Industrie für die nächsten 35 Jahre gesichert werden. Das Material aus dem Beckumer Feld gilt als besonders hochwertig; wegen seiner Reinheit muss es für den industriellen Einsatz „verschnitten“ werden.
Die bisherigen Planungen zur Ausweitung des Lhoist-Steinbruchs nach Norden (Beil bei Eisborn) wurden angesichts des starken Widerstands aus der Bevölkerung gestoppt.
Prioritäten
a) Verkehrslösung für das Hönnetal
Im Zuge der weitreichenden regionalen Planungen hält es der NHV für notwendig, eine bessere Verkehrslösung für das Hönnetal zu entwickeln. Wir sehen hier einen hohen Bedarf. Im Entwurf finden sich im Abschnitt 6 „Verkehr und Infrastruktur“ keinerlei Hinweise diesbezüglich. Der offensichtliche Zielkonflikt Umwelt / Verkehr wird nicht einmal diskutiert. Stattdessen wird die sinnfreie „OU Balve, Phase 2“, für die angeblich ein „vordringlicher Bedarf“ besteht, nach wie vor in Tabelle 6.1 „Bedarfsplanmaßnahmen des Bundes“ geführt, ohne jeglichen Vermerk oder Kommentar.
Die B515 muss vom geplanten Kreisverkehr in Sanssouci bis zum Abzweig Asbeck aus dem Hönnetal verlegt
werden (siehe oben).
Begründung: Das innere Hönnetal ist ein bedeutendes Natura2000-Schutzgebiet und somit besonders schutzbedürftig gegenüber dem Straßenverkehr. Die B515 führt mitten durch das Schutzgebiet und stellt auf lange Sicht eine hohe Belastung dar (Abrieb-Kontamination, Schwerlastverkehr, Gefahrentransporte, Lärmentwicklung, Störungen für Fauna und Flora, expansive Sicherungsmaßnahmen). Zudem bleibt die jetzige Trassenführung, trotz vieler entschärfender Maßnahmen, auf Dauer ein Unfallschwerpunkt.
Da am geplanten Standort des Steinbruchs Beckum keine Produktionsanlagen vorhanden sind, muss das
gesamte Material zukünftig mit LKW durch das Hönnetal zum Kalkwerk in Rödinghausen transportiert werden.
Dies stellt eine erhebliche Mehrbelastung für Mensch und Natur dar. Auch die Ortschaft Volkringhausen
wäre hiervon voll betroffen.
b) Beendigung des Kalkabbaus
Der NHV fordert die Beendigung des Kalkabbaus im Hönnetal.
Begründung: Massive Eingriffe in das Landschaftsbild, Beeinträchtigung einer wertvollen Kulturlandschaft durch Sprengungen usw., nachteilige Auswirkungen für das hydrologische System im Karstgebiet (Wasserhaushalt und potentielle Trinkwasserquellen), fortgesetzte Belastung für Siedlungsgebiete (Eisborn, Beckum).
Die Auswirkungen des aktuell betriebenen Steinbruchs der Fa. Lhoist sind besonders schädlich. Er sollte deshalb in naher Zukunft geschlossen und in bestehende Biotopverbünde eingebaut werden. Die Verlegung der Bundesstraße nach dem Ende des Kalkabbaus ist planerisch zu prüfen und vorzubereiten (siehe Skizze oben).
Resümee
Die naturhistorisch so bedeutende Kulturlandschaft des Hönnetals darf nicht zu einem Muster fehlgeleiteter Industrieentwicklung werden. Mit dem bereits vor über 100 Jahren zur Rohstoffgewinnung abgebauten Neandertal bei Düsseldorf hat NRW bereits ein solches Negativbeispiel.
Mit dem Ende des Tagebaus sind auch die Arbeitsplätze weg, die durch Automatisierung bereits jetzt auf ein Zehntel reduziert sind. Eine Einbindung der Kalksteinbrüche in bestehende Biotopverbünde wird ohnehin nur sehr eingeschränkt möglich sein. Was bleibt, ist das destruktive Werk weniger Jahrzehnte. Das Landschaftsbild des Hönnetals bleibt bei Umsetzung der gegenwärtigen Raumplanungen für alle Zeiten beschädigt.
Der NHV wird sich diesen kurzsichtigen Planungen entgegenstellen. Wir werden Konzepte mit langfristig sinnvoller Perspektive für die Region erarbeiten, gemeinsam mit engagierten Verbänden und weitsichtig den- kenden Bürgern. Global wird sich der stark klimaschädliche Bausektor (Zementproduktion!) unter dem Druck der Klimakrise in den nächsten Jahren durch Substitution und Nutzung von Sekundärrohstoffen ohnehin nachhaltig verändern. Dies darf bei der Bedarfs- und Standortplanung nicht unberücksichtigt bleiben.
Wir vom Naturhistorischen Verein Hönnetal e. V. wollen unsere Heimat erhalten. Besonders jetzt brauchen wir erneut das Engagement eines jeden Einzelnen. Gemeinsam können wir für unsere Heimat eintreten und zeigen, dass es auch heute – 100 Jahre nach der ersten Rettung des Hönnetals – im Hönnetal noch Menschen gibt, die sich dem Raubbau an der Natur entgegenstellen. Mit Weitblick und Visionen für eine lebenswerte Zukunft in einer bedeutenden Natur- und Kulturlandschaft.
Dezember 2020
Naturhistorischer Verein Hönnetal e.V.“